Hier haben wir einige Abschnitte aus unserer Chronik zusammengestellt, die einen Einblick in unsere Entstehung und unsere Entwicklung geben sollen.
1919: Die drei Babetten
Nach einem Originalbericht aus dem Jahr 1960 von Kurt Zdunek, Marburg:
Zwischen Nürnberg und Ansbach liegt, in eine wellige Landschaft eingebettet, der liebliche Ort Roßtal.
Hier lebten drei Mädchen, die denselben Namen trugen, nämlich Babette. Um durchs Leben zu komme, mussten sie wacker Hand anlegen und sich fleißig rühren. Das fiel der einen besonders schwer, nicht weil sie zu bequem, sondern weil sie schwach und oft krank war.
Eines Tages hörten sie, dass in Cannstatt, in einer “Villa Seckendorff” Kranke geheilt würden. “Du” meinte die eine gesunde Babette zur der kranken Babette, “vielleicht kann dir geholfen werden! Wollen wir es nicht mal versuchen?”
Die kranke Babette seufzte nur; sie hatte schon manches Mittel probiert, aber keines hatte bisher geholfen. Es wäre ja unausdenkbar, wenn auch sie gesund und nicht immer auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen wäre! Aber womöglich ist das mit Cannstatt nur ein leeres Gerede. Doch man kann’s nicht wissen!
Eines Tages machten sich die drei Babetten auf und reisten ins Württembergische. Es war zu damaliger Zeit eine beschwerliche Reise, doch kamen sie wohlbehalten in der “Villa” an. Hier konnten sie erst einmal aufatmen und zur Ruhe kommen. Die stille Fürsorge und herzliche Liebe, die sie spürten, tat ihnen wohl. Und sie fühlten sich bald heimisch und geborgen. dass eine bibelstund eso kurzweilig sein konnte, hatten sie nicht gewusst. Und merkwürdig – ihr Leben bekam hier ein ganz anderes Aussehen!
Eines Tages öffneten sie ihr Herz dem Herrn Jesus und übergaben Ihm ihr Leben. Dazu tat der Herr ein Übriges und schenkte der siechen Freundin Gesundung auch für den kranken Körper.
Die Roßtaler staunten nicht wenig über das veränderte Wesen der Mädchen und über die gesund gewordene Babette. Sie mussten zugeben, dass hier etwas geschen war, was sie weder begreifen, noch erklären konnten. Nun wollten die Babetten auch was für Jesus tun. Aber wie sollten sie es anfangen? Besonders begabt waren sie alle drei nicht. Große Taten konnten sie nicht verrichten.. So übten sie sich in der Treue im Kleinen, taten auch das geringste mit der ganzen Hingabe und füllten ihren Platz aus. Ohne dass es ihnen bewusst wurde, leuchteten sie in ihrer Umgebung als ein stilles, helles Licht.
Regelmäßig fanden sie sich zusammen, dann tauschten sie ihre Erfahrungen aus, berachteten gemeinsam das Wort Gottes und beteten. Fürbittend gedachten sie auch ihrer Mitbewohner, denn es verlangte sie, Menschen zu Jesus zu führen. Eines Tages beschlossen sie, eine Diakonisse, die in der benachbarten Stadt Versammlungen für Frauen und Mädchen hielt, zu bitten, auch in Roßtal eine Bibelstunde zu halten. Die drei Babetten luden dazu fleißig ein und meinten die Leute würden freudig herbeieilen. Einige sagte zu, andere entschuldigten sich, manche lächelten nachsichtig über die drei verdrehten Mädchen. Ein kleiner Kreis scharte sich um die Schwester, die freudig das Heil in Jesus bezeugte. So entstand die Gemeinschaft, klein und senfkornartig, wie alles im Reich Gottes.
Zu den Dreien hatte der Herr noch etliche, die an Ihn gläubig geworden waren, hinzugetan. Diese wenigen Kinder Gottes fassten nach einer geraumen Weile den Entschluss, eine Hensoltshöher Schwester anzustellen.
Im Jahr 1917 holte man die Diakonisse Anna Hofmann in Zirndorf ab, den Koffer auf einen kleinen Leiterwagen und so ging es zu Fuß nach Roßtal. Trotz aller Widerwärtigkeiten bekam die Schwester dann zwei Zimmer bei Familie Löslein. Die ersten Versammlungen fanden im Meierhaus statt.
Die Gemeinschaft selbst und der Jugendbund für Entschiedenes Christentum (EC) wurden 1919 gegründet.
1925: Hausbau
Auf viel Gebet hin, wurde es gewagt ein eigenes Versammlungshaus mit Wohnung und Saal zu bauen. Mit geliehenem Geld wurde das Grundstück gekauft. Durch die treuen Opfer und Mithilfe jedes Einzelnen wurde das Baumaterial zusammengetragen.
So gingen sie zu den Bauern nach Roßtal und den umliegenden Dörfern und baten um Bäume für den Bau.
Es wurden Evangelisationen gehalten und zwar in den Gastwirtschaften “Zur Sonne” und beim Kandel. Unter den Gastrednern war auch Inspektor Bartsch und Inspektor Schmauß. Reges Leben war nicht nur nach außen da, sondern auch in der Gemeinschaft Es bildete sich ein Posaunenchor, Jugend- und Kinderarbeit. Eine Nähschule, damals üblich, förderte Frauen und Mädchen.
Bibelstunden wurden in verschiedenen Außenorten gehalten. Am Anfang in Buttendorf, Clarsbach, Buchschwabach, Oedenreuth, Kastenreuth und Weitersdorf.
Durch Stundenhalten von Roßtaler Laienbrüder in Heilsbronn-Bonnhof entstand dort 1924 ebenfalls eine Gemeinschaft.
1939: Verbot des EC-Jugendbundes
Bezüglich dieses dunkelsten Kapitels unserer deutschen Geschichte findet sich im Protokollbuch folgender Eintrag:
Der Jugendbund für Entschiedenes Christentum wurde aufgelöst.
Es durften auch keine öffentlichen Veranstaltungen z.B. Evangelisationen mehr abgehalten werden. Aber weiterhin wurden Bibel- und Kinderstunden gehalten.
Als im Saal des Versammlungshauses Soldaten einquartiert wurden, fanden die Stunden in der Wohnung der Schwester statt. Dort wurde, diktiert durch die äußeren Umstände viel gemeinsam gemacht: z.B. Wäsche geflickt und andere Handarbeiten, aber auch viel vorgelesen und gesungen.
1947: Neugründung des EC-Jugendbundes
Mit 13 jungen Menschen wurde 1947 der Jugendbund für Entschiedenes Christentum wiedergegründet. In die Gemeinschaftsstunden strömten die Menschen denn es war ein Hunger nach Gottes Wort da.
Die Nähschule wurde 1953 endgültig geschlossen!
Mit den Kindern wanderten wir alle Jahre nach Bonnhof zur Himmelfahrtskonferenz. Unterwegs wurden Such- und Geländespiele gemacht. Auch wurde beim Laufen viel gesungen, eine Rast mit Brotzeit durfte auch nicht fehlen.
Nach der Veranstaltung am späten Nachmittag wanderten wir nach Heilsbronn und fuhren mit dem Zug zurück nach Roßtal. Das war immer ein von Gott gesegneter Tag.
1991: Umbau des Gemeinschaftshauses
Der Anlass des Umbaues war ein benötigter Raum für eine Heizungsanlage. Der Wunsch nach einem Jugendraum und die Vergrößerung der Wohnung unserer zwei Diakonissen war nun in nahe Zukunft gerückt.
1989 trafen sich Architekt Hacker und einige Mitglieder um einen Bauausschuss zu gründen.
Die Planung des Umbaus der Wohnung und der Anbau der neuen Räume gestaltete sich ziemlich schwierig, da das alte Wohnhaus nicht unterkellert war, auch sollten vorhandene Räume bestehen bleiben.
Am 19. März 1990 wurde mit den Bauarbeiten begonnen. Der alte Holzschuppen musste abgerissen werden, um dem Neubau Platz zu machen.
Nun konnte die Baugrube ausgehoben und mit dem Unterfangen des bestehenden Wohnhauses begonnen werden.
Dank vieler freiwilliger Helfer konnten die Maurerarbeiten mit Hilfe einer Baufirma relativ schnell fertig gestellt werden.
Am 8. Juni 1990 feierten wir ein verregnetes, aber fröhliches Richtfest.
Eine große Helferschar traf sich nun auch zum Dachdecken. Danach konnte mit dem Innenausbau begonnen werden. Viele Arbeiten wurden von fleißigen Helfern verrichtet, so dass nur wenige Firmen am Innenausbau beteiligt waren.
Am 12. Mai 1991 fand die Einweihung der neu gestalteten Räume statt.
2000: Prediger statt Schwestern
Nach der Pensionierung unser verantwortlichen Gemeinschafts-schwester Babette Neubing im Jahre 2000 wurde wegen Schwesternmangel aus dem Gemeinschafts-Diakonie-Mutterhaus keine neue Schwester in die LKG Roßtal abgeordnet.
Gemeinsam wurde mit den Mitgliedern und dem Vorstandskreis nach einem Weg gesucht und auch gefunden. Es wurde beschlossen, die geistliche Leitung einem Prediger zu übertragen und zusammen mit vielen ehrenamtlichen Mitarbeiter zu versuchen, die vorhandene bewährte Arbeit weiter zu führen.
Nach 83 Jahren mit Schwestern kam so Werner Schindler als erster Prediger in die LKG Roßtal.
kleine Chronik: Schwestern und Prediger der LKG Roßtal
1917 – 1920: Schwester Anna Hofmann
1920 – 1924: Schwester Christine Hofmann
1924 – 1925: Schwester Sophie Rebelein
1925 – 1927: Schwester Babette Pilhofer
1927 – 1931: Schwester Lydia Augsburger
1931 – 1935: Schwester Rosa Semmelroth
1935 – 1939: Schwester Therese Sauer
1939 – 1944: Schwester Luise Wolf
1944 – 1954: Schwester Pauline Holz
1954 – 1964: Schwester Margarete Gemmel
1964 – 1971: Schwester Berta Seibold
1971: Schwester Margot Fink
1972 – 2000: Schwester Babette Neubing
2000 – 2003: Prediger Werner Schindler
2003 – 2007: Prediger Thorsten Rumpf
2007 – 2019: Prediger Armin Köhler
ab 2019: Prediger Matthias Ziegler
Außenarbeit in Vincenzenbronn
In Vincenzenbronn steht ein Gemeinschaftshaus, das in all den Jahrzehnte mit einer Schwester besetzt war. Lange Zeit diente Schwester Anna Suft dort, die sich während der Erntezeit auch der kleinen Kinder annahm, damit die Leute ihrer Arbeit nachgehen konnten.
1984 wurde die letzte Schwester, Babette Rohlederer, abgelöst und somit die Arbeit von der Landeskirchlichen Gemeinschaft Roßtal übernommen.
Die Wohnung wurde vermietet. Im Saal fand zwei Mal im Monat sonntags Bibelstunden statt. Jeden Freitag kam eine fröhliche Kinderschar zur Kinderstunde zusammen. Junge Mütter trafen sich öfters am Donnerstag Vormittag zum gemeinsamen Bibellesen. Jeden Freitag Abend erklangen Posaunenklänge von Bläsern aus dem CVJM und der Gemeinschaft.
Bis vor ein paar Jahren fanden noch sonntags Gemeinschaftsstunden statt.
Danach ruhte die Arbeit, lediglich der Posaunenchor der Kirche probte bis Anfang 2010 noch im Gemeinschaftshaus. Ende 2010 wurde das Haus mitsamt Grundstück verkauft und die Außenarbeit Vincenzenbronn somit endgültig beendet.